Andacht

Spielend glauben

von Thomas Warnke

Foto: Valerii Apetroaiei

Über den Predigttext für den Pfingstsonntag: 1. Korinther 2,12-16

Predigttext
12 Wir haben aber nicht den Geist dieser Welt empfangen, sondern den Geist, den Gott selbst uns schickt. So können wir erkennen, was Gott uns geschenkt hat. 13 Davon reden wir nicht in Worten, wie sie die menschliche Weisheit lehrt. Sondern wir reden in Worten, die der Geist Gottes lehrt. Mit seinen Worten erklären wir, was er selbst uns offenbart. 14 Der Mensch nimmt mit seinen natürlichen Fähigkeiten nicht das an, was vom Geist Gottes kommt. Er hält es für Dummheit und kann damit nichts anfangen. Denn nur mithilfe des Heiligen Geistes kann es richtig eingeschätzt werden. 15 Aber ein von Gottes Geist erfüllter Mensch kann das alles richtig einschätzen. Dabei kann sich kein anderer ein Urteil über ihn anmaßen. 16 Denn wer kann feststellen, was der Herr im Sinn hat, und ihn beraten? Aber was wir im Sinn haben, das kommt von Christus her. (BasisBibel)

Als Kinder liebten wir es, uns in ausgedachten Fantasiesprachen zu unterhalten: „Batschi bu?“ wurde da schon mal gefragt. Und ebenso selbstverständlich kam die Antwort: „Schlumdi paruschi. Jagaduba!“ Wir hatten ein Abenteuermobil bei uns auf dem Hof stehen. Ein ausrangierter Hanomag-Kurier. Ein Nachbar hatte ihn für uns Kinder zum Spielen in einer abseitigen Ecke abgestellt. Er wusste ziemlich genau, was Jungs und Mädchen zwischen Kinder- und Jugendalter glücklich machte. Die Ladefläche wurde unser neues Wohnzimmer. Bei Sonnenschein öffneten wir das Verdeck. Wenn es regnete, schnürten wir mit vereinten Kräften die Plane wieder stramm.

Und ab und zu setzten wir uns in die Kabine. Immer ein anderer durfte hinter dem Lenkrad Platz nehmen und bestimmen, wo es hingehen sollte. Quer über den Globus gingen unsere Reisen. Manchmal nach Afrika oder nach Australien oder sonst wohin. Weit weg auf jeden Fall. Und immer kam es unterwegs zu Zwischenfällen: Hindernisse mussten aus dem Weg geräumt werden, mit Fantasie und Kalkül behoben wir Pannen und reparierten den Motor. Wir trafen dabei in unserer Spielewelt auf freundliche Menschen und waren eigentlich immer auf ihre Hilfe und Unterstützung angewiesen. „Batschi bu?“ „Schlumdi paruschi. Jagaduba!“ Wir wussten nie genau, was mit unseren Fantasiewörtern gemeint war, ob jemand gerade Hunger hatte oder ein Abschleppseil brauchte, das Spiel aber ging weiter und lebte von Spontanität und Improvisation. Am Ende landeten wir jedenfalls stets sicher und erfüllt von neuen Abenteuern wieder zuhause.

Im kindlichen Spiel denken wir uns über bestehende Wirklichkeiten hinaus, erschaffen neue Welten, und manchmal auch neue Sprachen mit spontan ausgedachten Wörtern.

Auch die Worte von Paulus an die Gemeinde in Korinth lese ich als eine Einladung zum Spiel. Zu erkennen, was Gott uns geschenkt hat in unserem Leben, lautet die Zielvorgabe. Dafür gilt es, den Heiligen Geist zu entdecken, der uns die dafür notwendigen Worte lehrt. Menschliche Weisheit, wie Paulus meint, führt uns eher auf eine falsche Fährte. Als spielender Mensch aber, als homo ludens, kann es gelingen, alte und gewohnte Begrenzungen zu durchbrechen und neue Verhaltensweisen auszuprobieren.

Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber unterscheidet die Welt in zwei Grundworte. Er spricht von der Es-Welt und von der Du-Welt. In der Es-Welt, sagt er, mache ich mir die Dinge zunutze, benutze sie. „Es“ ist das, was nicht in Beziehung geht. Das „Du“ dagegen ermöglicht Beziehung, schafft Begegnung und Kontakt.
Das „Du“ legt die Spur zum Heiligen Geist.

Einst in Jerusalem haben sich am Pfingsttag unzählige Menschen aus aller Herren Länder plötzlich verstehen können. Nicht weil sie mit einem Mal dieselbe Sprache konnten, sondern weil etwas Verbindendes zwischen ihnen entstanden war. Der Geist Gottes öffnet unser Wahrnehmen für das Verbindende. Nicht das Trennende, nicht die Unterschiede werden benannt. Eine Verstehens-Atmosphäre breitet sich aus. So, wie Jesus es im Sinn hatte mit seiner Offenheit zu allen Menschen und seiner Bereitschaft zur Liebe.

Pfingsten ist die Einladung an uns alle, das, was uns als Menschen miteinander verbindet, mit spielerischer Freude zu erkunden.

„Werdet wie die Kinder“, sagt Jesus in Richtung Erwachsene, und empfiehlt uns, das zu tun, was wir als Kinder so gerne taten: unsere Welt und unser Leben in Fantasie zu tauchen, zu träumen und zu spielen. Wie fremd und unverständlich dabei manche Sprachen auch sein mögen, Gottes Geist hilft uns, das Wesentliche zu erfassen.
 „Batschi bu?“ „Schlumdi paruschi. Jagaduba!“

Gebet

Komm, Heiliger Geist, du Tröster, du Erneuerer! Ermutige uns, es neu zu wagen! Anders wollen wir umgehen mit unserer Schöpfung, Gerechtigkeit soll wachsen, Frieden soll einziehen und Lachen soll erklingen. Komm, Heiliger Geist, du Bindeglied zwischen uns Menschen, du Grenzen-Überschreiter. Brich mit uns zusammen auf. Geh mit uns hinaus ins Weite. Amen.

Thomas Warnke (56) ist Theologischer Kirchenrat im Kirchenamt der Lippischen Landeskirche in Detmold.