Andacht

Himmelsfamilie

von Inga Schönfeld

Grafik: kichigin19

Über den Predigttext zum 15. Sonntag nach Trinitatis: 1.Mose 15,1-6

Predigttext
1 Nach diesen Geschichten begab sich’s, dass zu Abram das Wort des Herrn kam in einer Erscheinung: Fürchte dich nicht, Abram! Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn. 2 Abram sprach aber: Herr Herr, was willst du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder und mein Knecht Eliëser von Damaskus wird mein Haus besitzen. 3 Und Abram sprach: Mir hast du keine Nachkommen gegeben; und siehe, einer aus meinem Haus wird mein Erbe sein. 4 Und siehe, der Herr sprach zu ihm: Er soll nicht dein Erbe sein, sondern der von deinem Leibe kommen wird, der soll dein Erbe sein. 5 Und er hieß ihn hinausgehen und sprach: Sieh gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen? Und sprach zu ihm: So zahlreich sollen deine Nachkommen sein! 6 Abram glaubte dem Herrn, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit.

Abram ist scheinbar am Ende. So war das in biblischen Zeiten: Wer keinen (männlichen) Erben hatte, dessen Zukunft sah düster aus. Genau genommen hatte man gar keine Zukunft. Wer würde für einen sorgen, wenn man nicht mehr so konnte wie bisher? Und dann auch noch die Blicke der Leute, die hinter vorgehaltener Hand tuschelten: Was bei denen wohl nicht stimmt, wenn Gott ihnen kein Kind schenkt? Die müssen doch was falsch gemacht haben…

Lange Zeit dachten wir, das wäre vorbei. Manches ist es, Gott sei Dank, auch. Zumindest bei uns. Die unsichere Frage jedoch: „Wer sorgt für mich, wenn ich alt bin?“ ist brennend aktuell, der Kummer darüber, ungewollt kinderlos zu sein, nach wie vor groß. Und so manches andere macht uns heute auch das Herz und das Leben schwer.

Ein Versprechen von Zukunft und Leben

In einer hoffnungslosen Situation spricht Gott zu Abram: „Ich bin dein Schild, ich bin da und passe auf dich auf.“ Im Kern ist es ein Versprechen von Zukunft und Leben: Abram wird viele Nachkommen, und damit eine ZUKUNFT, haben.

Abram glaubt das. Er vertraut auf die lebensschenkende Kraft Gottes. Dieses Geschehen geht so tief in seine Person hinein, dass es seine Identität berührt. Aus Abram wird Abraham werden. Ein neuer Name, ein Vertrauensname: Abraham ist einer, der Gott vertraut. Damit wird Abraham Vater einer großen Menge von Menschen. Sie alle gehören zum Gott des Lebens. Auch wir gehören dazu. Sind jenseits der mehr oder weniger starken familiären Bindungen Teil dieser großen Familie, des Gottesvolkes. Dabei sind wir so zahlreich und so vielfältig wie die Sterne am Himmel.

„Weißt du, wie viel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt? Weißt du, wie viele Wolken gehen weit hin über alle Welt?“ Nein, ich Menschenkind weiß das nicht. Und manchmal fehlt mir auch die Hoffnung auf die Zukunft. Aber: „Gott der Herr hat sie gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet an der ganzen großen Zahl.“

Dieses alte Wiegenlied von Wilhelm Hey und viele andere Schätze unserer Tradition machen mir Hoffnung. Trotz allem und mit allem, was an Zweifel und Unsicherheit zu mir gehört, stehe ich in dieser uralten Gemeinschaft von Gottvertrauen.

Erfahrungsschatz über Generationen

So habe auch ich den generationenumspannenden Erfahrungsschatz: Gott ist Schutz und Schild, schenkt Zukunft und Hoffnung und Gott führt in die Freiheit. Schon immer. Und Gott tut das auch weiterhin. Gott führt in eine Freiheit, in der es zugleich selbstverständlich ist, dass Menschenkinder füreinander Sorge tragen, sich gegenseitig trösten und sich miteinander am geschenkten Leben freuen. So gelingt Leben für alle.

Gleichzeitig habe ich in Gott das im besten Sinne elterliche Versprechen: Ich, dein Gott, sorge für dich. Bei mir kannst du auftanken, wenn‘s dir kalt ums Herz und um die Hoffnung wird. Ich zeige dir immer wieder die Zukunft. Eine, die wie dein Leben, unter meinem Schutz und Segen steht. Denn lange bevor du überhaupt geboren wurdest, habe ich dich in deinem Innersten berührt und dich ins Leben gerufen. Und das tue ich weiterhin, bis in alle Ewigkeit.

So bin ich, wie Sie und wie wir alle, ein Menschen- und ein Gotteskind. Für uns gilt: „Gott im Himmel hat an allen seine Lust, sein Wohlgefallen, kennt auch dich und hat dich lieb.“

Wo Liebe ist, da sind Leben und Zukunft. Und die lebensschenkende Berührung Gottes. Wo brauchen Sie das gerade ganz besonders?

Gebet

Gott, du Kraft meines Lebens. Ich brauche dich. In meiner Unsicherheit und Not, in meiner Angst und Verzweiflung. Berühre mich mit deiner Sanftheit und mit deiner Stärke. Mit all deiner Liebe. Schenk mir Leben, immer wieder neu. Lass mich auf dich vertrauen und auf meine eigene Stärke. Du machst mich wunderbar. Dafür danke ich dir. Amen.

Inga Schönfeld (39) ist Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde in Steinfurt-Borghorst, Horstmar und Laer.